Moderne Interpretation der bayerischen Wirtshauskultur
Schlagmann Poroton
Ausgabe 2023
Zeitschrift
Mitten in Niedertraubling, in Sichtweite der Kirche und des ehemaligen Schlosses,
gibt es seit Herbst 2022 wieder ein richtiges Wirtshaus – Name: „Altes Schloss“. Ein Neubau. Draußen: ein weitläufiger Biergarten mit vielen alten Bäumen. Man hat sie in der Bauzeit liebevoll geschont, weil der alte Gastgarten auch eine Hauptrolle spielt im neuen Gastronomie-Konzept. Drinnen: traditionelle bayerische Wirtshaus-Atmosphäre, modern umgesetzt. Ausgeschenkt wird das Regensburger Kneitinger-Bier; gebaut hat dieses Wirtshaus die Hans und Sophie Kneitinger Stiftung.
Die Süddeutsche Zeitung hat dem Niedertraublinger Wirtshaus Ende 2022 eigens einen Artikel gewidmet: weil es vermutlich das jüngste Dorfwirtshaus des Freistaats ist, vielleicht sogar in ganz Deutschland. Und weil man seinen Bau zugleich als symbolische Geste sehen kann gegen das vielerorts grassierende Wirtshaussterben.
Niedertraubling liegt in der Oberpfalz, war einst Standort eines sehenswerten Wasserschlosses und hat heute etwa 700 Einwohner. Das Wirtshaus, zum Schlossbezirk
gehörend, erinnert in seinem Namen daran.
Der Altbau war marode
Den Namen der alten Gaststätte hat man beibehalten, aber nur ihn. Der Altbau als solcher war marode und nicht mehr zu sanieren. Es gab Probleme beim Brandschutz, die frühere Wirts-Familie hörte auf, man hatte insgesamt zu wenig Personal. Und sperrte zu.
Die Brauerei und ihre Stiftung sorgten dafür, dass dies nicht das letzte Kapitel war. Der Altbau, nicht denkmalgeschützt, wurde komplett abgerissen. Ersetzt hat man ihn durch einen Neubau, der mit dem Satteldach an früher erinnert, aber modern daherkommt und auch größer – natürlich aber nicht höher als die Kirche, sowas ist wichtig. Es sollte ein architektonisch ambitioniertes Projekt werden und war auch so angekündigt: „Wirtshaus 4.0“ hatte Kneitinger das Projekt im Jahr 2020 beschrieben, zum Baubeginn.
Licht, Luft und hohe Decken
Inzwischen können die Gäste beim Biertrinken selbst sehen und spüren, was damit gemeint war. Mit viel Licht und Luft, hohen Decken und Glasfronten hinaus ins Grüne ist der große Gastraum alles andere als eng – ein starker Gegensatz zum engen, dunklen Vorgänger-Bau. Über eine Treppe gelangt man aus dem saalartigen Gastraum hinauf auf eine Galerie. Trennwände erlauben es, den Gastraum für viele verschiedene Nutzungen einzuteilen, wobei man auch an die örtlichen Vereine gedacht hat. Im Untergeschoss wurde ein Schießstand eingebaut. Auch in der alten Gaststätte war
einer gewesen, allerdings dort unterm Dach.
Die neuen Böden und Vertäfelungen aus Eichenholz sind hell und modern. Das Ambiente ist deutlich anders als in vielen traditionellen Gaststuben mit schwerfälligen Hölzern. Umso mehr wurden die Traditionen aber bei der Bauweise zelebriert. Hochwertig und zum großen Teil handwerklich ging man hier zu Werke – das ist immer nachhaltig. Naturmaterialien passen dazu besonders gut. Die soliden Mauern wurden aus dem schallschutzstarken Schlagmann-Porotonziegel S9 gemauert, 42,5 Zentimeter stark. Damit und mit den dreifach verglasten Eichenfenstern schafft das Gebäude den Wärmeschutzstandard KfW 55. Zudem werden Ziegel traditionell in der Region produziert.
Dieselbe Handschrift in der Gaststube:
besonders langlebige und wertige Produkte, einfach, echt und solide. Vieles wurde individuell handwerklich gefertigt. Beispielsweise hat man die Tische und Stühle gemeinsam mit einem lokalen Schreiner entwickelt, sie wurden nach Planzeichnungen und Prototypen aus massiver heimischer Eiche angefertigt, mit traditionellen Holzverbindungen. In den Waschräumen findet man Handwaschbecken aus einer Messing-Legierung, die ein lokaler Metallbauer individuell hergestellt hat. Neben Eiche und Messing wurde auch Kalk verarbeitet, in Verkleidungen aus Jurakalk sowie in handwerklich verarbeitetem Kalkputz, dazu brünierter Stahl in Vordächern, Treppengeländern und der Pergola sowie Kupfer. Der Kalkstein stammt aus dem Altmühltal, Granit für einen Wassertrog auf der Terrasse aus dem Bayerischen Wald. Hopfen soll sich bald an der Pergola hinauf ranken. In den neuen Obergeschossen liegen vier Wohnungen unterschiedlichen Zuschnitts, zwischen einem und vier Zimmern groß, insgesamt 225 Quadratmeter. Dort wohnt der Pächter, an seine Beschäftigten wird bevorzugt vermietet. Das Gebäude nutzt bivalente Wärmeerzeugung aus Luft-Wasser-Wärmepumpen und einem Gas-Brennwertkessel, es gibt eine Fußbodenheizung.
Neuer Treffpunkt für den Ort
Nach über drei Jahren Pause haben die Niedertraublinger nun wieder einen Treffpunkt. Einen Ort für Stammtische und Familienfeiern, Vereinstermine und Sitzungen, Bockbierfest und die Aktivitäten der Schützen. Die Schützen haben einen Mietvertrag über 25 Jahre abgeschlossen. Der Bürgermeister ließ sich in der Süddeutschen zitieren: In einem Ort ohne Verein und Wirtshaus, da gehen die Lichter aus – ihn freut, dass diese Phase vorbei ist.